Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt: Für die mehr als 1.000 Mitarbeitenden des fränkischen Automobilzulieferers Bolta Werke trat mit dieser Nachricht am 28. September der größte anzunehmende Unfall ein. Was bedeutet dieser Schritt für die Familie, die eigene berufliche und wirtschaftliche Zukunft? Um diese Fragen kreisen seither die Gedanken der Frauen und Männer, die für den nach eigenen Angaben international führenden Spezialisten für Oberflächenveredelung in der Automobilindustrie tätig sind. Antworten auf all diese Fragen finden, Unterstützung bieten und an einer Perspektive für die Mitarbeitenden des Unternehmens in Leinburg-Diepersdorf, knapp 20 Kilometer östlich von Nürnberg, arbeiten: Das ist seit dieser Nachricht auch Aufgabe von Roland Nosko.
Der Leiter des IG-BCE-Bezirks Nürnberg kennt die Bolta Werke, seit er hauptamtlich als Gewerkschafter tätig ist. Als Sekretär im IG-BCE-Landesbezirk Bayern war er bereits an der Aushandlung des Haustarifvertrags beim Unternehmen beteiligt, das vor allem verchromte Außenelemente (Kühlergrills, Typenschilder oder Zierleisten) für die Fahrzeuge großer Hersteller liefert. Jetzt ist seine Erfahrung aus 12 erfolgreich begleiteten Insolvenzverfahren gefragt.
Die IG BCE sieht eine Perspektive für die Bolta Werke und die Beschäftigten
„Ich glaube, dass es eine echte Perspektive für die Bolta Werke gibt und hoffe, dass das Unternehmen mit möglichst allen Beschäftigten weitergeführt wird“, zeigt sich Roland Nosko zuversichtlich. „Die Auftragslage ist grundsätzlich nicht schlecht und die produzierten Teile werden auch in Zukunft gebraucht. Denn egal ob Diesel oder Elektroauto: Kühlergrill und Zierleisten brauchen beide.“
Auch Volker Böhm, der vom zuständigen Insolvenzgericht in Nürnberg zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt wurde, sieht gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Neuaufstellung. Ursächlich für die finanzielle Schieflage des Unternehmens ist nach Angaben der Geschäftsführung die aktuelle Halbleiterkrise. In der Folge mangelnder Chips haben Kunden ihre Produktion angehalten und Abrufe verschoben, was bei Bolta zu einem massiven Umsatzeinbruch führte, der finanziell nicht aufgefangen werden konnte.
Für Roland Nosko kommt ein grundsätzliches Problem dazu: „Der Fall Bolta zeigt einmal mehr, dass es unentschuldbar ist, wie die Automobilindustrie seit einiger Zeit mit ihren Zulieferern umgeht. Sie werden systematisch ausgequetscht wie Zitronen und haben schon in guten Zeiten keine großen Margen.“ Der IG-BCE-Bezirksleiter fordert ein Umdenken und mehr Druck auf die Hersteller – auch seitens der Politik: „Es kann nicht der Weg für die Zukunft sein, dass einige wenige auf Kosten vieler immer reicher werden.“
Neben der IG BCE sitzen auch die Kunden VW und Mercedes im Gläubigerausschuss
Als positives Signal wertet Roland Nosko, der in Absprache mit dem Bolta-Betriebsrat für die Arbeitnehmer*innen im Gläubiger*innenausschuss sitzt, dass diesem neben Banken und der Agentur für Arbeit mit der Volkswagen AG und Mercedes Benz auch zwei Bolta-Kund*innen angehören: „Ihnen kann es nicht egal sein, was mit den Bolta Werken geschieht, denn sie sind auch von ihren Produkten abhängig.“ Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechnet Roland Nosko im Dezember.
Bis dahin soll der Geschäftsbetrieb des Unternehmens ohne Unterbrechungen in vollem Umfang fortgeführt werden. Die Löhne und Gehälter der Beschäftigten sind über das Insolvenzgeld zunächst für die Monate September, Oktober und November gesichert. Und: Bis dahin gilt es, eine Perspektive für die Bolta Werke und ihre 1.000 Mitarbeitenden zu finden. Alles andere wäre für die Region ein Hammerschlag, so Roland Nosko. Sein Appell: „Wir müssen deutlich machen, dass Bolta unersetzlich ist.“ Eines können sich die IG-BCE-Mitglieder im Unternehmen in jedem Fall sicher sein: An ihrer Seite haben sie ihre Gewerkschaft als starken und verlässlichen Partner – gerade auch in dieser Ausnahmesituation.