“Der Mehrheit der Betriebe geht es gut”, stellte Beate Rohrig, Verhandlungsführerin der IG BCE zu Beginn der Tarifverhandlung Kunststoff 2021 fest. Vor einem Jahr standen die Verhandlungen in der kunststoffverarbeitenden Industrie in Bayern unter dem Eindruck der gerade in Europa angekommenen Pandemie. Ein moderater Abschluss trug der Situation Rechnung. Heute stellt die Arbeitnehmerseite fest, ist die Situation deutlich besser. “2020 hat sich nicht so schlecht entwickelt, wie wir alle befürchtet hatten”, so Rohrig. Es lief in vielen Betrieben besser als erwartet. Unter anderem deswegen wehrte sich die Landesbezirksleiterin der IG BCE Bayern gegen eine rückwärts gerichtete Diskussion der Arbeitgeberseite.
Walter Vogg, Geschäftsführer des Verbandes der Kunststoff verarbeitenden Industrie in Bayern (KVI) warnte davor die Situation zu leicht zu nehmen. “2020 war ein sehr schlechtes Jahr für unsere Industrie. Die Produktion und die Produktivität sind zurückgegangen. Auch ist mehr Personal abgebaut worden, als geplant”, führte der Arbeitgebervertreter ins Feld, um seine Forderung nach einem moderaten Abschluss zu untermauern. “Dies haben wir in unserem Abschluss vor einem Jahr berücksichtigt und werden es nicht ein zweites Mal einpreisen. Wir verhandeln hier für 2021 und die weitere Zukunft”, machte Rohrig klar, mit welcher Blickrichtung die Verhandlungen geführt werden.
Beschäftigte sollen nicht nur mehr Geld bekommen, sondern auch zwischen Geld und Zeit wählen können
Die IG BCE fordert:
- eine spürbare und reale Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütung, bei 12 Monaten Laufzeit
- Zuschuss Kurzarbeitergeld dauerhaft
- Arbeit der Zukunft gestalten: Wahlmöglichkeit Zeit oder Geld
- Modernisierung des vorhandenen Tarifwerkes
- Einstieg Gespräche Entgelt-TV (Entgeltgruppenkatalog)
Auf diese Forderungen reagierte die Arbeitgeberseite zurückhaltend. Insbesondere die Wahlmöglichkeit zwischen Zeit oder Geld bezeichnete Vogg als “Bürokratiemonster”, obwohl er es als Vertreter der Chemieindustrie in Bayern, dessen Hauptgeschäftsführer er ebenfalls ist, besser wissen müsste. Dort gibt es seit dem Abschluss 2019 die Wahlmöglichkeit zwischen Zeit und Geld und viele Arbeitgeber haben dieses Instrument in der Krise gerne genutzt. “Ob es ein Bürokratiemonster wird, liegt an uns Sozialpartnern”, betonte Rohrig. Sie führte in ihrem Statement die Sozialpartnerschaft als wichtiges Instrument auf, dass jedoch von beiden Seite gestärkt werden muss. “Wir brauchen Mitglieder unter den Beschäftigten und der Arbeitgeberverband darf keine Mitgliedschaft ohne Tarifvertrag akzeptieren.”
Grundsätzliche Einigkeit bestand bei Thema der Modernisierung des Tarifvertragswerkes. Vogg schlug vor dieses Thema in kleinen Arbeitsgruppen anzugehen. Rohrig nahm dies gerne auf. “Es gibt in den Tarifverträgen immer noch die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten, die es formal gar nicht mehr gibt.” Die gesamte Branche stehe vor einer Transformation. Zum einen soll weniger Plastikmüll produziert werden, zum anderen werden für die Energie- und Mobilitätswende neue, leichte Bauteile benötigt. “Eine innovative Branche braucht innovative Tarifverträge”, verlieh Rohrig der Forderung Nachdruck.
Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 26.3. geplant. Dann erwartet die IG BCE ein konkretes Angebot der Arbeitgeberseite.